Donnerstag, 21. Juni 2012

Der kleine Fasern-Färbe-Baukasten

Bei meinem Spinnradkauf bei Wollinchen habe ich noch ungefärbte Schafwolle für eine Jacke besorgt und von Frau Wolle kürzlich ja auch.
Aber Schafswolle pur ist mir zu warm; ich sehe zwar ein, dass Erdöl gespart werden muss, mag aber nicht an den Händen frieren. Also werden Räüme im Winter angenehm geheizt und die Schurwolle muss mit einer kühlen Pflanzenfaser gemischt werden, um das perfekte Material zu erhalten. Aber welche Pflanzenfaser? Zwischen den exotischen Verlockungen von Mais-, Bananen oder Bambusfasern und den traditionellen mitteleuropäischen Arten Hanf und Leinen hin- und hergerissen, kann ich mich nicht entscheiden. Erstmal habe ich mir vom Wollschaf eine Probepackung mit Pflanzenfasern bestellt. Echt toll, was da alles drin ist. Die oben Aufgeführten plus Seacell, Milchfasern, Ramie und Baumwolle. Bis auf Bambus alles in natur, sprich hellbeige. Anziehen kann ich das so nicht und auch zum Verspinnen und Verstricken ist es mir zu langweilig.
Also habe ich zwei Päckchen dunkelgrüne Stofffarbe vom bekanntesten Anbieter besorgt, eine nur für Pflanzenfarben, eine auch für Wolle und Seide und den Färbetopf aus dem Keller geholt.

Die Faserpröbchen sind in beschriftete Papiertütchen verpackt, aber wie weiss ich nach dem Färben noch, was was ist? Ich packe die Pröbchen einzeln in Wäschenetze, habe ich mir überlegt und schreibe mir auf, in welchem Netz welche Faser ist.





Die Pröbchen, die nach dem Viscose-Verfahren (Seacell, Banane, Mais, Bambus, Milch) hergestellt sind, fühlen sich sehr ähnlich an, ein wenig quietschig und künstlich. Leinen ist leicht rauh, wie es aus der Pflanze kommt. Hanf ist feiner und Ramie ist so fein, dass es auch mit dem Viscose-Verfahren hergestellt sein muss. Am besten gefällt mir der Hanf.

Im Einmachtopf: Textilfarbe, Fixierer, Salz , Wasser und Fasern in Wäschenetzen

Nach dem Färben der ersten Tranche:
In der Waschmaschine gespült sind die Pröbchen nun nicht mehr so seidig sondern ziemlich zerzaust.
Der Bambus war schon vor dem Färben schwarz und hat sich vorhersehbarerweise kaum verändert.
Die ersten fünf Pröbchen liegen zum Trocknen aus; von li nach re: Bananenfasern, Ramie, Hanf, Bambus, Leinen
Die zweiten Fünf; von oben: Mais. Seacell, BW, Soja, Milchfasern
Lernfähig wie ich bin, habe ich die zweite Tranche von Hand gespült und mit der alten Salatschleuder ausgeschleudert, sie sind nicht ganz so zerzaust worden.
Diese Tranche hat für Überraschungen gesorgt: Die Maisfasern haben die Farbe überhaupt nicht angenommen, das Seacell dafür umso mehr. Die Baumwolle unregelmäßig und das ungefärbte Soja, das im Naturzustand schon einen Gelbstich hatte, hat ein gelbliches Grün produziert. Bei den Milchfasern war ich sehr gespannt, aber sie sind ganz unspektakulär grün geworden.

Beide Wäscheständer sind nun voll, mit dem Färben der Schafwolle muss ich also bis morgen warten.
Kann es kaum abwarten!

Mittwoch, 20. Juni 2012

Das erste Garn aus eigener Produktion!

Vor dem Spinnkurs habe ich noch die restlichen Fasern aus der ersten Pflanzenfärbung zu Garn versponnen, um mir im Kurs damit das Verzwirnen zeigen lassen zu können. Daheim habe ich gestern fertig verzwirnt und habe nun  fast 300g eines sehr unregelmäßigen Doppelfadens:

Wie üblich sind die Farben nicht korrekt wiedergegeben: Eigentlich sind sie viel stumpfer. Wie auch immer, ich bin jedenfalls stolz wie Oskar!!
Und stricken werde ich daraus einen Bolero von oben, Richtung One Skein Wonder oder Shrug This. Das wird sicher kuschelig warm und wunderschön!
Die Maschenprobe wollte unbedingt schon gestrickt werden
 Allerdings muss ich vorher bei der Jacke für meinen Mann die italienische Abkett-Kante wieder aufziehen; in einer Reihe 5 cm vor dem Saum sind re und li Maschen verrutscht und der Fehler ist deutlich sichtbar. So kann ich das nicht lassen :-( Was für ein endloses Projekt!


Gute Nachrichten sind, dass ich seit drei Wochen zu Weight Watchers gehe. Ausserdem 2-3x pro Woche walken und 2-3x pro Woche in's Fitnessstudio, so dass ich pro Woche 700g Gewicht verliere. Nicht wahnsinnig viel, aber auch nicht wenig. Und ohne mich zu quälen. Ich bin sehr zufrieden!

Sonntag, 17. Juni 2012

Endlich Spinnkurs gehabt

Gestern hatte ich endlich, endlich den lang ersehnten Spinnkurs! Ich habe ja schon über ein Jahr ein Spinnrad, aber in Peru spinnt nur die arme, andine Bevölkerung, in Lima ist Spinnen als Hobby nicht bekannt. Ich hatte schon ein unglaubliches Glück, dass meine peruanischen Nachbarinnen und Freundinnen Ruth und Katia nähen und stricken und wir so gemeinsame Hobbies haben.
Der Kurs bei Roswitha von der Schwarzwälder Spinnstube war der erste, der nach meiner Rückkehr in akzeptabler Entfernung angeboten wurde und ich hatte mich sofort angemeldet. Und weil ich vor zwei Wochen schon den Färben mit Pflanzenfarben-Kurs besucht hatte, wusste ich bereits, was mich erwartet: Eine kompetente, gelassene Lehrerin in einem gemütlichen Ambiente. Und tatsächlich war es großartig.
Wir waren eine kleine Gruppe von vier Frauen plus Roswitha, unterstützt von ihrem handwerklich begabten Mann Gerd, der uns mal eben bei technischen Problemen mit den Spinnrädern half, da eine Spule löste oder dort eine Feder wieder befestigte.

Allerdings hat uns Roswitha vor dem Spinnen den Umgang mit Wolle vom Schaf bis zum Faden gezeigt. Sie erklärte uns, wie man ein brauchbares Vlies erkennt, wie man es wäscht und die Fasern mit Handkardätschen oder einem Walzenkardierer zum Spinnen bereit macht. Dann brachte sie uns bei, wie man mit Handspindeln spinnt und erzählte dabei die Stufen der Automatisierung des Spinnens vom Arbeiten nur mit den Händen, mit einem Stöckchen, der Handspindel und den verschiedenen Vorstufen des modernen Flügelspinnrades.
Nebenbei hat sie auch erklärt, warum spinnen diese Doppelbedeutung hat: Früher mussten Patienten in Psychiatrischen Krankenhäusern spinnen.
Eine Teilnehmerin hatte ein von ihrer Mutter geerbtes Rad mitgebracht und es war total nett, wie sie still und begeistert vor sich hinspann, sobald sie den Dreh raus hatte. Eine andere Teilnehmerin, die Inhaberin eines Friseursalons, entdeckte das Spinnen als Entspannung nach einem anstrengenden Tag im Salon und kaufte sich direkt nach dem Kurs ein eigenes Rad, das Gerd ihr gleich spinnbereit zusammenbaute.
Ich habe viel gelernt und mich so wohl gefühlt, dass ich ganz traurig bin, dass ich das nächste Mal erst im Januar, zum Art yarn-Kurs, nach Önsbach fahren werde. Es gibt über die kalte Jahreszeit zwar auch Spinntreffen, aber für wenige Stunden ist mir der Weg dann doch zu weit.

Brauchbares Vlies ...

... wird erstmal kalt gewaschen

So schmutzig! Das Abwasser ist gut zum Pflanzen gießen

Ein Spinnkasten. Durch das schwere Schwungrad dreht sich die Spule sehr lange

Handkardätschen

Handkardierte Fasern, über dem Stock zu einem spinnbereiten Röllchen geformt

Mörderisches Gerät, das Locken als Vorbereitung auf das Kardieren verzupft

Kurbelbetriebener Walzenkardierer

Professioneller, elektrischer Walzenkardierer


Die Fasen werden geordnet und komprimiert


Roswitha testet das geerbte Spinnrad

Drei der fünf Räder, die wir in Betrieb hatten

Dienstag, 12. Juni 2012

Die verstrickte Dienstagsfrage 24/2012 - wie mit Fehlern umgehen

Das Wollschaf fragt heute:
Was macht ihr, wenn ihr Fehler in eurem Gestrick findet? Ribbeln, zurückstricken, Maschen fallen lassen, mogeln oder ignorieren? Und was macht ihr, wenn euch kurz vor dem Fertigstellen auffällt, das sich in dem Strickstück ein Fehler befindet? Tendiert ihr zum Perfektionismus und behebt ihr den dann noch? Wenn ja, wie? Oder sagt ihr euch, kleine Fehler machen den Charme des Handgestrickten aus?

 Meine Antwort lautet klar: Je nachdem! Geschmacks- oder sonstige Verirrungen werden geribbelt, so wie gerade der Emmaline-Pulli, aus dem jetzt der Garden Cardigan wird. Maschen werden dazwischen geschummelt oder fallengelassen und es wird gemogelt, was das Zeug hält. Aber ignoriert wird selten, denn ich bin nicht richtig zufrieden bei einem großen Fehler und werde das Teil vermutlich nicht tragen. Kleine Fehler und Unperfektheiten machen für mich jedoch tatsächlich gerade den Charme des Handgearbeiteten aus.
Rest des Emmaline-Pullis

Anfang des Garden Cardigans

Samstag, 9. Juni 2012

Handarbeiten in Berlin

Gerade war ich auf dem Weg zum Schwiegervater-Geburtstag für eine Nacht in Berlin und es war toll, mal wieder Großstadtluft zu schnuppern! Beim nächsten Mal will ich unbedingt auf den Stoffmarkt am Maybachufer und mein selbst auferlegtes Stoffkaufverbot lockern.
Diesmal habe ich Handarbeitsgeschäfte nur von außen gesehen, und dass es nicht die schicksten Läden in den In-Stadtteilen waren, hat mir gut gefallen:

Meine Freundin, die in Wedding wohnt, spricht immer so schlecht über ihren Stadtteil, dass ich bass erstaunt war, so ein tolles Geschäft bei ihr um die Ecke zu finden. Leider, leider hatte es schon geschlossen.


Hier noch ein nettes Geschäft in Potsdam.

Und hier eine hippe junge Strickerin in der S-Bahn:

Dienstag, 5. Juni 2012

Die verstrickte Dienstagsfrage 23/2012 - Weltstricktag

Das Wollschaf hat heute eine sehr interessante Frage herausgegeben:
Am Samstag 09. Juni ist Welttag des Öffentlichen Strickens. Ich finde es eine tolle Idee, rauszugehen und sich zum Stricken und Häkeln zu bekennen. Leider finde ich nur Aktionen, die Mützchen und Decken produzieren, sodass meiner Meinung nach der Wert der Hand-Arbeit hinten ansteht gegenüber der Not, die gelindert werden soll. Oder es sind Aktionen von Woll-Läden, die Kundschaft suchen und einen Werbegag platzieren. Was tut Ihr an diesem Tag, was bedeutet er Euch? Und wie organisiert Ihr Euch dafür?

Bedeutung: Gering, denn ich stricke eh in der Öffentlichkeit.
Aktionen: Karstadt veranstaltet eine Aktion, am Samstag Pullis für benachteiligte Kinder in Deutschland zu stricken. Es tut mir leid, wenn ich als egoistisch erscheine, aber es würde mir im Traum nicht einfallen, Zeit, Arbeit und gute Wolle dafür zu investieren. Eine Babymütze oder -decke anfertigen für ein Entwicklungsland - sofort! Aber mir die Mühe eines Kleidungsstücks machen und das große Risiko eingehen, dass mein Werk mit Missachtung empfangen und behandelt wird? Soviel Zeit investieren in einem Land, wo es in jeder Stadt einen Billig-Textildiscounter gibt? Eigentlich finde ich die Aktion von Karstadt naiv.

Mo-hair deutet in ihrer Frage nur an, dass diese Aktionen implizieren, dass Handarbeiten am besten einem "guten Zweck" dienen soll - doch der Gedanke ist interessant. Werden hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen oder zeigt sich dabei ein sanfter gesellschaftliche Druck, auch in der Freizeit "etwas Sinnvolles" zu tun?  Hat Gestricktes keinen Wert, wenn es nicht nützlich ist? Ich finde: Oh doch! Handarbeit muss nicht nützlich sein sondern darf ALLES sein: Schön und hässlich, nützlich und überflüssig, kitschig und dekorativ, Kunsthandwerk, Zeitvertreib, Kunst und Therapie.

Sonntag, 3. Juni 2012

Einen Samstag lang Wolle färben mit Pflanzenfarben

Wieder habe ich mich zu einem kleinen Kurs in Sachen Weiterbildung Wolle aufgemacht und den Samstag beim Kurs Wolle färben mit Pflanzenfarben in der Schwarzwälder Spinnstube zugebracht. Ich hatte mich auf einen Tag anstrengende, schmutzige Arbeit eingestellt und eine beschichtete Schürze und Gummihandschuhe mitgebracht, aber das war überflüssig: Roswitha hat fast die ganze Arbeit gemacht und wir Teilnehmerinnen haben nur beim Abseihen geholfen und von ihrem Wissen profitiert. Am Tag zuvor hatte sie schon eine schlichte, feine Nudelsoße vorbereitet und einen leckeren Pflaumenkuchen für uns gebacken, was wir im schönen Garten genossen.
Sie hat es geschafft, das Färben mit Pflanzen auf das Wichtigste zu reduzieren und uns gleichzeitig zu verklickern, dass Pflanzenfärben ein fast unendliches Feld ist, das zu viel, viel Ausprobieren einlädt.
Eingeweichter Sauerampfer

Mit Indigo überfärbte blaue Kaufwolle, in der Schale die Ausgangswolle

Mit Birkenblättern gefärbt

Mit Krappwurzel gefärbte Dochtwolle

Birkenfärbung im Topf

Meine Färbepröbchen
In zwei Wochen habe ich Spinnkurs dort - freue mich schon sehr darauf!